FANKOLUMNE – Heimspiel gegen den HSV

Wer wird deutscher Meister? H-H-H-HSV! Wer dieses Lied noch kennt, hat den Zenit seines Lebens wahrscheinlich schon überschritten und den guten Geschmack sowieso vor langer Zeit an der Garderobe vergessen.

Die letzte Hamburger Meisterschaft liegt über 40 Jahre zurück. Mittlerweile arbeitet der ehemalige Bundesliga-Dino hart daran, zum Dauerbrenner in der zweiten Liga zu werden und verspeist dabei mehr Übungsleiter als Bismarck Frühstückeier.

Man könnte fast Mitleid mit dem HSV entwickeln, wäre da nicht der 1. Juni 2015. Der Tag, an dem Manuel Gräfe mit einem Pfiff dem Fußballsport für lange Zeit den Sinn nahm – und uns den verdienten Aufstieg. Selten hatte mich nach einem Fußballspiel solch ein Gefühl der Ungerechtigkeit erfasst, wie nach der verlorenen Relegation gegen den HSV. Sollte es einen Fußballgott geben, dann musste dieses Spiel gesühnt werden. Dann musste der HSV bezahlen. Und ja, er bezahlt noch immer dafür.

Seit 2018 erinnert mich der Hamburger Sport-Verein an Sisyphos, diesen Typen aus der griechischen Mythologie, der sich durchs Leben trickste und dafür von den Göttern bestraft wurde – zwar nicht mit dem Tode aber immerhin mit dem Abstieg in die Unterwelt und dort mit schwerer, sinnloser Arbeit. Sisyphos musste tagein, tagaus einen Felsblock einen Berg hinaufschieben, der jedes Mal kurz vor dem Gipfel wieder hinunter ins Tal rollte. Der HSV im April lässt grüßen.

Dabei war mir der HSV vor der tragischen Relegation nicht wirklich schlecht in Erinnerung gewesen. Im Gegenteil, mein erstes KSC-Spiel als zehnjähriger Halblanger im A4 wurde von einem Heimsieg gegen den Hamburger SV gekrönt. Ein neuer KSC-Fan war geboren, Ebse Carl sei Dank.

Wenn wir in die Vereinshistorie zurückblicken, gibt es noch weitaus erfreulichere Duelle mit den Norddeutschen. 1956 holten wir im heimischen Wildpark den zweiten und letzten DFB-Pokalsieg unserer Vereinshistorie. Damals schlugen wir die Rothosen rund um Mittelstürmer Uwe Seeler mit 3:1. Eine KSC-Sternstunde.

So versöhnlich der Blick in die ferne Vergangenheit ist, lässt sie mich doch erahnen, dass der Sisyphos von der Elbe erst von seinem Schicksal erlöst wird, wenn die Fußballgötter den KSC zu höheren Weihen tragen. Ich bin überzeugt, erst wenn sich für uns die Tür nach oben wieder öffnet, wird auch der HSV von seinem Fluch befreit.

 

Peter Dittmann